Dennis Schröder – Drama Bei Polizeikontrolle Mit Handschellen
Stellt euch vor ihr hättet die ganze Woche gespielt, trainiert, wieder gespielt, wieder trainiert und vor wenigen Minuten, in entscheidender Rolle, auf der größten Bühne des Basketballs gestanden. Sicher anstrengend, allerdings auch der aufregende Alltag aller NBA-Spieler.
Aktuelle Gefühlslage: Kaputt, müde und froh den Sieg gegen die tankenden Spurs aus San Antonio geholt zu haben. So oder so ähnlich muss sich Dennis Schröder gefühlt haben, als er nach der Partie, in seinen Van stieg, auf den Rücksitz Platz nahm und endlich voller Vorfreude die Heimreise zur sehnsüchtig wartenden Familie antrat. „Wohlverdiente“ Heimreise sei in diesem Fall betont, denn Dennis stand nicht nur 38 Minuten auf dem Hartholz, sondern steuerte mit 9 Punkten, 5 Assists, 8 Rebounds und 6 Stocks einen immensen Impact zum 113-104 Pflichtsieg gegen die Franchise aus Texas bei.
Zugegeben, die defensiven Counting-Stats sind es, die Dennis‘ sonst eher routinierte Statline deutlich aufbessern. Schröder konnte sage und schreibe vier Steals für sich verzeichnen und spricht nach der Partie über seine defensive Leistung:
“Wir mussten in der Defensive ein bisschen mehr machen und ich habe damit angefangen, Druck aufzubauen. Ich habe dann viele Steals einkassiert, weil sie natürlich auch faule Pässe gespielt haben, nicht so engagiert waren.”
Mathematikern wird jetzt aufgefallen sein, dass bei sechs Stocks, von denen vier Steals bereits subtrahiert wurden, noch zwei Stat-Punkte übrig sein müssten. Gut aufgepasst! Für jeden Leser und jede Leserin mit ein wenig Basketball-Fachwissen ist es wenig überraschend, dass es sich hierbei um zwei Blocks handeln muss. Für Dennis selbst, waren die Blocks im Gegensatz dazu allerdings sehr überraschend, wenn man seine Reaktion hier richtig deutet:
“Zwei? Boah. Ich weiß nicht mal, ob das je schon mal passiert ist. Ich glaube, das ist mein Karrierebestwert. Die Mentalität hat gestimmt heute, wir haben einen guten Job gemacht. So müssen wir weitermachen.”
Mit dieser Motivation, einem guten Gefühl und der Vorfreude auf das nächste Game, ging es für Dennis dann in den Locker-Room. Duschen, Umziehen, Fragen beantworten und ab nach Hause. Doch die Freude sollte nicht von langer Dauer sein.
Wir befinden uns wieder im Van von Dennis, auf dem Weg zu seiner Frau und seinen drei Kindern. Während der deutsche Nationalspieler ohne Hose und Schuhe auf dem Rücksitz des Fahrzeuges saß, als er sich ein Post-Game-Treatment verpasste und Two and a half men schaute, bemerkten er und sein Freund und Fahrer Alex heranfahrendes Blaulicht hinter ihnen. „Ich dachte erst die fahren vorbei“, sagte Dennis in seinem Vlog auf Youtube. Als die Lichter allerdings heller, die Sirenen lauter wurden und eine Stimme ihnen befahl, die nächste Ausfahrt zu nehmen und das Fahrzeug anzuhalten war klar, dass die Polizei nicht einfach weiterfahren würde. „Mach was die sagen, dann regeln wir alles“, mahnte Dennis seinen Freund und Fahrer.
Dass aus so einer Situation für jeden in den Staaten aufgewachsenen Afro-Amerikaner ein absolut lebensbedrohliches Szenario entstehen kann, ist den beiden sicher bewusst gewesen. Denn in der Tat ist das Risiko einer Person of Color bei einer Verkehrskontrolle in den USA erschossen zu werden, deutlich höher, als das anderer Ethnien. Unter allen Gruppen haben schwarze Männer und Jungen das höchste lebenslange Risiko, von der Polizei getötet zu werden. Einige Modelle sagen sogar voraus, dass etwa einer von 1.000 schwarzen Männern und Jungen im Laufe des Lebens von der Polizei getötet wird.
Nur wenige Stunden zuvor wurden die Videos der Bodycams im Fall Tyre Nichols, ein am 07.01.2023 durch fünf Polizisten bei einer Verkehrskontrolle in Memphis brutal ermordeter Afro-Amerikanischer Junge, veröffentlicht und sorgten weltweit für Entsetzen, Trauer, Wut und Empörung. Spätestens jetzt sollte jedem Leser und jeder Leserin klar sein, dass es sich hierbei um keine allzu erfreuliche Situation gehandelt haben mag, in der sich Dennis Schröder wiedergefunden hat.
An einer Tankstelle angehalten, wurden die beiden dann von der Polizei gezwungen das Fahrzeug zu verlassen. Dennis ist nach wie vor auf Socken, aber dafür mit angezogener Hose nach seiner Normatec Behandlung. Während sein Freund Alex bereits mit gespreizten Armen und Beinen und mit dem Gesicht auf dem Boden der Tankstelle lag, lauteten die Befehle der LAPD-Polizeibeamten an den Lakers-Star: „Step out of the Vehicle“, „Turn your back torwards to us“, “Move in the direction of us”, “Put your Hands on the head”. Als der 29-jährige Star der Lakers mit den Händen auf dem Kopf rückwärts in Richtung der Polizeibeamten schlich, rissen die Beamten ihm Ruckartig die Hände vom Kopf und legten ihm Handschellen an.
“Als wäre ich ein Krimineller” beschrieb Dennis die Situation weiter in seinem Vlog. “Wenn ich euch sage, da waren am Ende 20, 25, 30 Autos. Also richtig Alarm. Ich sehe Schrotflinten, Pistolen, Uzis und keine Ahnung, was die alles für Waffen hatten. (…) Das war verrückt. Ich habe so was noch nie gesehen“.
Und wofür das ganze? Angeblich hielten die Polizisten seinen Van für geklaut, da es sich bei den Nummernschildern des Vans, um Nummernschilder eines zuvor von Schröder verkauften Cadillacs handelte. Die Formulierung „angeblich“ ist hierbei bewusst gewählt, da es als Schwarzer in den Vereinigten Staaten 1,5-2-Mal wahrscheinlicher ist, von der Polizei angehalten zu und kontrolliert zu werden als bei weißen Menschen der Bevölkerung. Wir sprechen hier von einer 150-200%ig höheren Wahrscheinlichkeit!
Erst nachdem der Lakers-Star die Polizeibeamten darauf Aufmerksam gemacht hat, dass er grade als Spieler für die Lakers den Sieg gegen die Spurs geholt hat und dies überprüft werden konnte, lockerte sich die Stimmung des zuvor mehr als angespannten Szenarios. Die Polizei erklärte Dennis und seinem Freund Alex, warum sie angehalten wurden und das Thema war dann wohl erledigt.
Die Situation rund um das „Vergehen“, was keines war, muss trotzdem einschneidend für den Familienvater und seinen Freund gewesen sein. Er selbst sei froh, dass alles geklärt sei und „alle Beteiligten sicher heimgekommen“ sind.
Auch wenn es sich hierbei scheinbar um eine ordnungsgemäße Kontrolle gehandelt haben mag, schwingt trotzdem ein Hauch von „Kontrolle aufgrund von Being Black in America“ mit. Das ist natürlich traurig und man möchte keinem der beteiligten Polizeibeamten Rassismus oder Vorurteile unterstellen, aber in einem Land in dem die Rate, der von Polizisten durch Schusswaffengebrauch getöteten Afroamerikaner um 226% höher ist, als die von Weißen, schaut man richtigerweise genauer auf solche Situationen.
Das bestätigt auch der zuvor erwähnte Fall von Tyre Nichols, der von fünf Polizeibeamten, die mittlerweile wegen Mordes zweiten Grades, schwerer Körperverletzung und Kidnapping festgenommen wurden sind.
Der 29-Jährige afro-amerikanische Hobby-Skateboarder und Fotograf wurde von den fünf Polizisten zuvor mit Tasern und Tränengas zu Boden gestreckt und anschließend mit Tritten, Fäusten und Schlägen mit Schlagstöcken auf seinen Kopf und seinen Körper brutal totgeschlagen, während er weinend nach seiner Mutter gerufen hat. Die frisch erschienenen Videos sorgten in Memphis, wo sich Vorfall am 07.01.2023 ereignet hat, für Proteste in der gesamten Stadt.