Die erste Nacht im neuen Airbnb hatten wir hinter uns, aber mental angekommen sind wir nach den Reisestrapazen vom vergangenen Tag noch nicht. Die Stadt haben wir auf einem Auge nur halb gesehen und bei Nacht konnte man das Panorama, was sich uns am Morgen zeigen sollte, nur erahnen. Umso überraschter war ich, als ich am Morgen nach dem morgendlichen Workout und dem obligatorischen „fertig machen“ das erste Mal die Haustür verlassen habe: Malerische Gebirgsketten, die sich am Sonnenaufgang wie eine Filmkulisse aneinanderreihten.
So spektakulär und nervenaufreibend wie die Tage vorher gewesen sind, sollte der Mittwoch völlig entspannt verlaufen. Das haben wir allerdings nur teilweise geschafft. Denn auf dem Plan stand eine Shopping-Tour à la Profi-Konsumenten. Erst im Marshalls nach Steals geschaut, bevor wir dann in ein ortstypisches Outlet-Center gefahren sind.
Die Taschen und der Kofferraum waren schon voll, aber als wir einen Sporting-Goods-Store gefunden haben, waren wir natürlich förmlich gezwungen noch den ein oder anderen Dollar mehr auszugeben. Als nun wirklich nichts mehr in den Kofferraum unseres Mustang Cabrios passte, der Magen dafür aber umso leerer war, entschieden wir uns etwas zu essen zu suchen. Wer schon einmal in einer „kleineren“ Großstadt in den Staaten gewesen ist, der weiß, dass von „suchen“ keine Rede sein kann. Es ist unfassbar, wie sehr sich wirklich alles in diesem Land ums Essen dreht. Auf den typisch amerikanischen Strip-Malls findet man aufgereiht zwischen Kredit-Banken und Grocery-Stores, die komplette Auswahl an Fast-Food-Ketten nebeneinander. Und nein, das ist kein spezieller Food-Place, denn ein paar hundert Meter später findet man das Gleiche Bild wieder vor. Als Tourist darf man sich gerne durchprobieren, weil es auch wirklich schwierig ist, sich vernünftig zu ernähren, aber wenn man die vielen übergewichtigen Einheimischen sieht, wirkt das Überangebot einfach nur unästhetisch.
Kaum in die Straße eingebogen, in der sich unsere Unterkunft befindet, können wir ein weiteres Vorurteil bestätigen. Wir leben in einer durchschnittlichen Nachbarschaft der Mittelschicht unweit von Downtown in Salt Lake City und wenn man sich die Bauweise der Häuser anschaut, dann wird jedem Europäer schwindelig. Wirklich jedes Haus in der Straße ist aus Holz oder Presspappe, die man mit ein wenig Dichtungswolle und Rigips-Platten „aufgepimpt“ hat. Wenn man abends im Bett liegt, kann man selbst in unserer, deutlich hochwertigeren Unterkunft, die Nachbarn im Zimmer nebenan hören. Wahnsinn. Aber das Bett ist ein gutes Stichwort, denn nach dem Shopping-Trip war außer bestelltem Essen, Arbeiten und ein wenig amerikanischem Fernsehen nicht mehr viel drin. Mehr oder weniger unspektakulärer Tag, aber genau so war ja auch der Plan.
Am Folgetag, dem vierten Tag des All-Star-Trips, waren die Unternehmungs-Akkus dann wieder deutlich mehr aufgeladen und ganz weit oben auf der vollen To-Do-Liste für den Tag war ein Ausflug nach „Antilope-Island“. Ein Nationalpark auf einer Insel, die mitten im Salzsee der gleichnamigen Stadt liegt. Aber bevor wir uns auf den Weg für den Tagesausflug machen konnte, stand ein nicht weniger cooles Ereignis auf den Plan: Die NBA-Akkreditierungen konnten abgeholt werden. Das Marriott-Medien-Hotel lag sogar auf dem Weg zur Insel und voller Vorfreude sind wir in die Hotel-Lobby spaziert, in der es schon vor Medien-Vertretern und Mitarbeitern der NBA wimmelte. Die NBA ist echt nicht geizig, wenn es um die Medienvertreter geht. Neben der ikonischen Akkreditierung, die einem Zugang zu allen Events des All-Star-Weekends verschaffte, bekam jeder Journalist auch noch eine New Era Utah Jazz Mütze, All-Star-Handschuhe und Gutscheine für die Arena.
Die Geschenke passten mir tatsächlich sehr gut in den Kragen, da es aktuell -5 Grad in Salt Lake City waren und ich keine Handschuhe mitgenommen hatte. Perfekt gerüstet für das Wetter haben wir uns dann mit dem Leihwagen auf dem Weg zur Antilopen-Insel gemacht.
Auch wenn ich mich wiederholen muss, aber die Gebirge, zwischen denen wir uns befanden, bieten wirklich ein unfassbares Panorama. Auch bei uns im Auto haben wir uns mindestens alle fünf Minuten mit einem „alter, schau mal da!“ daran erinnert.
Und es wurde nicht schlechter, im Gegenteil. Auf der Insel angekommen, waren wir jetzt quasi umgeben von Kilometer-weiten Feldern, Hügeln und Landschaften, die durch ein 360-Grad-Berg-Panorama abgerundet wurden. Auf der Insel selbst sind wir größtenteils zu Fuß unterwegs gewesen, um die dort freilaufenden Bisons zu finden. Man warnte uns zwar vor, dass die Bisons 64 km/h laufen können und wir immer näher am Fahrzeug als an den Bisons sein sollten, aber das hielt uns nicht davon ab, die malerische Landschaft zu erkunden. Und es hat sich gelohnt.
Immer mit einem Auge auf die Uhrzeit, da wir noch zum „NBA Crossover Event“ wollten, beendeten wir unseren Ausflug, damit wir noch in Ruhe einen Wal-Mart Superstore aufsuchen konnten. Andere Welt. Konsumtempel und Überfluss. Nicht mein Ding. Noch kurz die nötigsten Sachen gekauft, haben wir uns dann direkt auf dem Weg zum Event gemacht. Genau in der Minute als wir den Eingang betraten, gingen die Türen des Centers auf und der Event öffnete exklusiv für alle Medienvertreter, Jazz-Seasonticket-Holder und Eingeladenen der NBA.
Nachdem wir eingecheckt hatten und die Halle betraten, kam mir nur ein Gedanke für diesen Event in den Sinn: Basketball-El Dolardo. Zig Basketball-Plätze und Messestände, bei denen man verschiedene Skill-Spiele absolvieren oder sich fotografieren lassen konnte. Freiwurf-Challange, Dreier-Contest, Kids-Dunk-Challenge, Vier gewinnt, ein Foto mit der Larry O’Brien Championship-Trophy oder NBA-Jam an den Automaten. All das haben wir natürlich ausprobiert und um diverse Kaltgetränke gewettet. Eine Station hatte ich noch nie gesehen: Ein Korb der 6,10m hoch war. Drei Versuche hätten wir dafür gehabt. „White men can’t jump“, aber dafür werfen. Sowohl Len als auch ich trafen beide beim ersten Versuch. Wir hätten es allerdings dabei belassen sollen, denn über die anderen beiden Versuche schreibe ich jetzt nichts mehr.
Auf der Messe gab es allerdings nicht nur reinen Basketball, sondern auch Basketball-Fashion. Zig Stände von Partnern, die NBA-Merchandise an den Mann oder die Frau bringen wollten. Zu überteuerten Preisen versteht sich. Nachdem wir gefühlt an jedem Stand gestanden und uns mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen unterhalten hatten, klingelte der innere Wecker, denn es stand noch ein weiterer Programmpunkt auf dem Kalender.
Kurz ins Airbnb, umziehen, frisch machen, ein Bierchen trinken und dann gings mit einem Uber zum „Quarters“. Das Quarters ist eine Arcarde-Game-Bar für Erwachsene, in der man für wenig Geld spielen und trinken konnte. Aber wir waren weder für das eine noch für das andere da, denn Freund unserer Podcasts Sidelines und Gast aus Folge 33 Mega Ran gab an dem Abend ein kleines Konzert in er Bar.
Wir haben uns mit dem ehemaligen Lehrer und jetzigem Guiness-World-Record-Holder vorher getroffen und mit ihm dann doch noch das ein oder andere alkoholische Getränk zu uns genommen. Als der Rapper dann zum Soundcheck musste hat Len gefühlte hundert Runden Skeeball gespielt und den Rekord des Tages aufgestellt. Als das Konzert dann endlich startete, waren zu unserer Überraschung echt wenig Leute vor Ort. Mega Ran ließ sich davon allerdings nicht beeindrucken und performte 1 ½ Stunden auf höchstem Niveau. Absoluter Vollprofi eben. Neben seinen größten Hits, gehörte auch ein Freestyle, in dem er jeden Gast mit eingebunden hatte, zum Teil der Show. Am Ende gab es dann noch ein bisschen Storytelling und einen Song, den er noch nie aufgeführt hatte. Mega Ran ist seinem Namen gerecht geworden: Mega Auftritt. Nach der Show haben wir uns dann noch ein paar Minuten mit dem Rapper unterhalten, bevor ich einen Uber bestellte, der Len und mich in unser angemietetes Bett gefahren hat. Da am nächsten Morgen der Media-Day der Rookies auf dem Plan stand, bin ich sofort in selbiges gefallen. Was für ein cooler Tag! Gute Nacht Salt Lake City!