Warum fällt es uns so schwer, den Underdogs mehr Aufmerksamkeit zu schenken – oder denen, die gerade am Anfang sind, etwas Großes aufzubauen?
Schnell ist man verleitet, wenn mehrere Teams zur gleichen Zeit Tip-off haben, zum Lakers- oder Knicks-Game einzuschalten, statt zu den Rockets oder den Cavs, obwohl ich vielleicht sogar Celtics-Fan bin.
Warum zieht es uns oft mehr an, das Altbekannte zu verfolgen, statt dem Neuen beim Wachsen zuzuschauen?
Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich nicht so viele Rockets-Games bisher gesehen habe, aber dafür viele Lakers-Games – obwohl ich nicht einmal Lakers-Fan bin. Und das wäre auch so gewesen, selbst wenn Luka nicht zu den Lakers getradet worden wäre.
Ich kann euch und mir selbst nur wieder sagen: Wir verpassen was.
Donnerstag, 20.03 – Abflug Frankfurt – Miami
Ja, das ist kein Déjà-vu – nur mein ganz normaler Alltag. Zwischen dem letzten Heat-vs.-Celtics-Spiel, das ich gecovert habe, war ich kurz wieder zu Hause in Deutschland und direkt wieder auf dem Weg nach Miami – für Heat vs. Rockets am vergangenen Freitag.
In der Vorbereitung auf das Spiel habe ich mir die letzten drei Rockets-Games angeschaut und kann euch sagen: Ich hatte richtig Bock auf das Game. Rockets mit einer bis dahin 8-Game-Winning-Streak, und die Heat mit einer 9-Game-Losing-Serie.
Da es mein erstes Houston-Rockets-Game war, das ich live gecovert habe, war ich ganz gespannt, mir die einzelnen Spieler-Warm-ups anzuschauen. Ich bin der Meinung, dass man viele Informationen über einen Spieler sammeln kann, wenn man dabei auf die Details achtet.
Als Erstes habe ich Amen Thompson zugeschaut. Ich war wieder mal von seiner Größe und seiner Physique beeindruckt. Ich hatte ihn zwar schonmal live – letztes Jahr bei einem Game der Boston/Dallas-Finals gesehen, wo er als Gast vor Ort war, aber so in Aktion ist es nochmal was ganz anderes.
Auffällig ist, wie er mit dem Dreier struggelt. Ich bin mir aber sicher, dass das mit der Zeit besser wird. Denn eigentlich macht er in der Wurfbewegung mehr richtig als falsch. Von außen wirkt es so, als ob er sich zu schnell verunsichern lässt, wenn er zu viele hintereinander nicht trifft – und seine Körpersprache darunter leidet. Dadurch wirkt die Wurfform zu „erzwungen“ und nicht mehr geschmeidig/flüssig.
Ganz anders dagegen: Cam Whitmore. Er hat sich so unglaublich smooth bewegt, er wirkte, als ob er zum Tanz einlädt und jede Sekunde bereit ist, dir einen Special-Dance-Move vorzuführen – und das nicht zu einem Slow-R’n’B-Song, sondern eher zu sowas wie: Get It On the Floor – DMX.
Wenn er zum Jump ansetzt und am höchsten Release-Punkt den Ball abdrückt, scheint dieser einige Sekunden in der Luft zu „floaten“, und dabei schwingt sein Handgelenk butterweich.
Weiter ging es mit Dillon Brooks. Er hat mich besonders überrascht – ich kann nicht gerade sagen, dass ich durch vergangene Ereignisse der größte Dillon-Fan war.
Aber wenn ich eins gelernt habe in der Vergangenheit, dann: Wenn man ein Mensch mit einer Extra-Portion Leidenschaft ist, kann das schnell zu impulsiven Reaktionen führen, die viele in dem Moment nicht nachvollziehen können.
Wodurch man schnell als aggressiv abgestempelt wird. Was gewisse Handlungen natürlich nicht entschuldigt – da ich aber auch ein sehr leidenschaftlicher Mensch bin, mit einem starken Gerechtigkeitssinn, kann ich heute gewisse Reaktionen anders „verstehen“.
Denn seine starke Leidenschaft und Energie für das Game hast du auch in seinem Warm-up-Shooting gesehen. Noch nie habe ich bisher einen Spieler gesehen, der so „all in“ und in so hohem Tempo trainiert hat.
Die wenigsten Spieler – gerade beim Dreier – haben einen Verteidiger, der wirklich jeden Wurfversuch blockt. Wenn ein Spieler sich blocken lässt, dann ist das meist ein sehr zaghafter Block. Ganz anders bei Dillon Brooks. Der Verteidiger greift ihm immer in die Wurfbewegung.
Am Ende wurde jeder Einzelne – Trainer oder Balljunge – abgeklatscht, auch wenn er nicht im Training mit involviert war. All das mit unglaublich viel Freude und Respekt dem anderen gegenüber. Hat mir im Ganzen sehr gut gefallen, und ich war überrascht, wie viele er von den hart verteidigten Dreiern versenkt hat.
Als Letzter kam Fred VanVleet raus. Besonders hat mich hier beeindruckt – was ich so auch noch nie gesehen habe –, wie er nicht zum Ende hin, wie es sonst ein paar Spieler machen, ein paar Logo-Dreier nimmt, sondern die Logo-Dreier fest in der Dreier-Rotation von allen Shooting-Spots implementiert hat.
So nimmt er von Top of the Key und den Wing-Spots, so viele logo Dreier, wie ich es bisher noch nie gesehen habe.
Post Game habe ich ihn dazu im Locker Room eine Frage gestellt – leider habe ich sie nicht aufgezeichnet, was sehr schade ist, weil ich mir den Namen des Trainers nicht behalten konnte, den er nannte, mit dem er dieses Trainingsprinzip ausgearbeitet hat.
Ich fragte Fred, seit wann er diese Form des Warm-up-Shootings übernommen hat. Angefangen hat er damit vor drei Jahren – und merkt seitdem, dass er dadurch bei seinen Long-Range-Dreiern deutlich besser abschließt.
Bevor das Game losging, hieß es noch: Pressekonferenzen.
Erik Spoelstra habe ich die Frage gestellt, ob er vor dem Game – durch die aktuelle Situation – eine andere Herangehensweise ausprobiert, wie er das Team motivieren kann.
„Ja, natürlich. Einige der Botschaften bleiben natürlich nur zwischen mir und dem Team. In den letzten sechs Wochen hatten wir wirklich gute Momente. Gute Gespräche, Themen, auf die wir uns alle gemeinsam einschwören konnten. Und wie ich schon ein paar Mal gesagt habe: Wir werden getestet – und das ist völlig in Ordnung. Es sorgt dafür, dass sich alle ein Stück weit unwohl fühlen. Es ist nicht das erste Mal, dass unsere Organisation durch schwierige Zeiten geht. Und wir stellen uns diesen Herausforderungen. Wir glauben, dass darin große Chancen liegen – dass man sich da durchkämpfen und echte Durchbrüche erzielen kann. Uns ist das zwar noch nicht in Form eines Sieges gelungen, aber wir hatten definitiv Fortschritte in unserem Prozess. Und wenn man das Ergebnis erreichen will, von dem man glaubt, dass man es verdient, muss man seinen Kurs beibehalten.“
Dann ging es los mit dem Game. Nicht groß waren meine Erwartungen, dass die Heat heute mit einem „W“ nach Hause gehen würden. Zu stark ist dieses Team der Rockets, als dass Miami in irgendeiner Form überlegen hätte sein können – offensiv fehlt das Shooting, defensiv zu nachlässig.
Wieder mal sahen wir ein Heat-Team, das direkt mit zu vielen Turnovers startet und gerade im vierten Viertel in entscheidenden Situationen den Ball leichtfertig herschenkt – und einfache Punkte nicht übers Ziel bringt.
Glücklicherweise konnten die Heat endlich ihre 10-Game-Losing-Streak gegen die Hornets beenden.
Wie vorher schon kurz erwähnt, bin ich nach dem Game noch in den Rockets-Locker-Room, wo ich ein cooles Interview mit Steven Adams führen konnte. Tatsächlich habe ich mich nicht getraut, ihn zu fragen, ob es ihn nervt, immer mit Jason Momoa („Aquaman“) verglichen zu werden, da er die Frage bestimmt oft hört – aber was soll ich euch sagen: Er sieht ihm einfach wirklich ähnlich.
Abgesehen davon sind seine 2,11 Meter wirklich beeindruckend. Und warum er jeden Tag eine große Schüssel mit reinem Rinderhack und Früchten als Beilage isst, kommt dann hier in den nächsten Tagen.
Bleibt mir nur noch zu sagen: Lasst uns wieder mehr Teams verfolgen, die wir uns sonst nicht viel anschauen.
Die Rockets haben mit mir definitiv einen Viewer mehr gewonnen.
Als Nächstes geht’s dann am 02.04.25 wieder nach Los Angeles für Lakers vs. Warriors.
Bis dahin,
Euer Flight Girl